Welche Trends gibt es im Stiftungswesen?

Das Stiftungswesen befindet sich in einem ständigen Wandel, geprägt von Trends und Entwicklungen, die die Art und Weise, wie Stiftungen agieren, grundlegend verändern. Aus diesem Grund haben wir unseren Dozenten Dr. Rupert Graf Strachwitz, Politikwissenschaftler, Historiker und Leiter unseres Seminars „Stiftungsmanagement“, die Frage gestellt: Welche Trends gibt es im Stiftungswesen? Von der Diskussion über die Rolle vermögender Philanthropen bis hin zu neuen philanthropischen Instrumenten – die Stiftungslandschaft sei so dynamisch wie nie zuvor. Lesen Sie hier 10 Beispiele von Dr. Rupert Graf Strachwitz, die die Stiftungswelt verändern.

(1) Vor 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurden die Menschen- und Bürgerrechte, die Herrschaft des Rechts, Demokratie als Staats- und Lebensform und die Besinnung auf unsere kulturellen Traditionen von der UNO in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erstmals festgeschrieben. Heute werden diese Grundsätze in immer mehr Ländern mißachtet oder sogar bekämpft. Auch Stiftungen müssen sich an der Debatte beteiligen, wie es weiter gehen soll mit unserer Gesellschaft. Sie müssen beitragen zur Resilienz unserer offenen liberalen Demokratie.

(2) In den USA und in Europa wird diskutiert, ob Stiftungen und Demokratie kompatibel sind. Ist es gut, so wird gefragt, wenn vermögende Philanthropen so viel Einfluß haben? Wofür sind Stiftungen gut? ‚What is Philanthropy For?‘, lautet der Titel eines neuen Buchs. Darüber müssen Stiftungen nachdenken, müssen sich der Kritik stellen, müssen deutlich machen, was sie besser können und die Vorteile ihrer Unabhängigkeit herausstellen.

(3) Seit 30 Jahren wächst weltweit die Zivilgesellschaft, und sie konsolidiert sich. Die Stiftungen gehören dazu. Neben Wirtschaft und Staat ist ein civic space, ein bürgerschaftlicher Raum entstanden. Nicht jedem in Wirtschaft und Staat gefällt das. Die Zivilgesellschaft steht unter Druck, nicht nur in autokratischen Regimen. Sie muß sich wehren, muß zeigen: Ohne bürgerschaftliches Engagement und ohne Zivilgesellschaft gibt es keine Demokratie!

(4) Die Welt ist zur Weltgesellschaft geworden. Stiften, spenden, fördern über nationale Grenzen hinweg ist wichtig und notwendig, wenn Deutschland und Europa ihre Stimmen in der Welt behalten wollen. Aber wie geht das? Es gibt intelligente Instrumente.

(5) Viele große Stiftungen haben sich der Performance und dem Impact verschrieben, andere agieren wie Behörden. Ist das der richtige Weg? Nein, sagt eine neue Studie (2022). Es kommt mindestens ebenso auf Empathie, Qualität und Relevanz der Ziele und auf Transparenz und Verantwortlichkeit an.

(6) Die Stiftung als Instrument der Philanthropie hat Konkurrenz bekommen. Nicht zuletzt die neuen Rahmenbedingungen für die Stiftungen bürgerlichen Rechts führen dazu, daß sich Philanthropinnen und Philanthropen nach Alternativen umsehen. Die Treuhandstiftung, der Giving Circle, das philanthropische Family Office und viele andere Möglichkeiten stehen ihnen offen.

(7) Über 5 Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich religiös oder kulturell dem Islam verbunden. Dort spielt der Waqf, die islamische Stiftung, eine herausragende Rolle. Können Musliminnen und Muslime auch in Deutschland einen Waqf gründen? Eine neue Studie (2023) sagt: Ja, das können sie und zugleich alle Rahmenbedingungen einer deutschen Stiftung erfüllen.

(8) Wer eine Stiftung führt, ist mit immer mehr Bürokratie konfrontiert und belastet. Register, Melde- und Berichtspflichten machen Stiftungsverwaltung immer aufwendiger und komplizierter. Wie damit umgehen? Was muß man wissen? Was darf man getrost ignorieren? Was muß man beachten? Wogegen muß man sich wehren?

(9) Stiftungen und andere Akteure der Zivilgesellschaft werden verdächtigt, Instrumente der Steuerhinterziehung, der Geldwäsche oder der Finanzierung von Terrorismus zu sein. Der Verdacht ist fast immer unbegründet, aber wie die überbordenden Kontrollen abweisen?

(10) Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag große Ankündigungen gemacht, was sie mit der Zivilgesellschaft für die Zivilgesellschaft alles reformieren wolle: ein Demokratiefördergesetz, eine Engagementstrategie, eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Umgesetzt ist bisher nichts. Mit der Zivilgesellschaft fordern Stiftungen die Reformen ein.

Vertiefen Sie diese Themen mit Dr. Rupert Graf Strawitz im Weiterbildungsseminar Stiftungsmanagement am 19.-23. April 2024 in Münster. Das Seminar ist ein separat buchbares Modul im berufsbegleitenden Masterstudiengang Nonprofit-Management and Governance.

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